Nachts bei den Fischen

Ein schlecht gelaunter Knurrhahn fühlt sich von der Taschenlampe geblendet.
Dr. Matthias Mertzen zeigte den Besuchern bei der Nachtführung, was die Aquarienbewohner in der Dunkelheit so treiben.

Man konnte seine eigene Hand nicht vor den Augen sehen. Nur der diffuse Strahl einer abgeblendeten Taschenlampe huschte hin und wieder durch den Raum. Trotzdem waren einige Besucher gerade deswegen ins Nationalpark-Haus nach Dorum-Neufeld gekommen. Bei einer Taschenlampenführung erlebten sie, wie sich die Aquarienbewohner nachts in ihrem Element bewegen.

Was passiert eigentlich in den Aquarien, wenn alle Mitarbeiter nach Hause gegangen, die Lichter gelöscht und die Türen verschlossen sind? Das wollte der Leiter des Nationalpark-Hauses Dr. Matthias Mertzen seinen Gästen in Dorum-Neufeld an diesem Abend zeigen. „Ich habe früher schon Taschenlampenführungen im Ozeaneum in Stralsund durchgeführt, so Mertzen. Dort seien diese kleinen Exkursionen sehr beliebt gewesen.


Der Einsiedlerkrebs hat sich sein Haus in einer leeren Muschel eingerichtet.

Im Wurster Nationalpark-Haus führte der Experte die Besucher zuerst an die kleinen Fensteraquarien im Eingangsbereich. Bleiche Schlangensterne hoben sich deutlich vom Aquarienboden ab. Und ein Butterfisch versteckte sich sofort, als der Strahl der Lampe ins Becken leuchtete. Dieser Fisch würde häufig mit der Buttermakrele verwechselt, so Mertzen. Sehr plastisch waren in der diffusen Dunkelheit die Seespinnen zu sehen. Diese Krebsart könne sich sogar aktiv tarnen, so Mertzen. Den Bewuchs aus Algen auf der Körperoberseite bringen sie selbst auf ihrem Panzer an und erneuern ihn nach jeder Häutung. Seesterne dagegen können hell und dunkel unterscheiden. Deswegen würde sie sich auch auf die Taschenlampe zubewegen. Ein spannendes Schauspiel boten die Miesmuscheln. Halb geöffnet konnte man ihnen von oben beim Fressen zuschauen. Wie ein Kamm funktionieren ihre langen Bartfäden und fächeln Kleinstlebewesen in den Muschelkörper hinein. Für Miesmuscheln sei ein sauberes Aquarium wie dieses eine echte Katastrophe, so Mertzen.

Die Scholle hat den echten Rundumblick!

Und dann war da noch Horst. „Das ist der einzige Aquarienbewohner, der bei uns einen Namen hat“, verriet der Biologe. Der Taschenkrebs sei vor Helgoland vom Alfred-Wegener-Institut gefangen worden. Da das Tier in sehr schlechtem Zustand war, lebte er zum Aufpäppeln im Wattenmeer-Besucherzentrum in Cuxhaven. „Als das Gebäude umgebaut wurde, haben wir Horst bekommen“, so Mertzen. Der imposante Krebs ist ein echter Baumeister und kämpft Nacht für Nacht mit den großen Steinen im Säulenaquarium. Es rumst ordentlich, wenn Horst wieder einen Stein kippt. Wenn er sich häuten will, benötigt er eine komfortable Höhle. Deswegen nimmt er die Mühen auf sich. Immer im Kreis ziehen dagegen die Katzenhaie nachts ihre Runden durch das Aquarium. „Bitte nicht anleuchten“, mahnt der Fachmann. Die Tiere hätten keine Augenlider und wären entsprechend lichtempfindlich. „Die Taschenlampe tut ihnen in den Augen weh“, weiß Bruno aus Langen. Der Sechsjährige ist ein großer Aquarienfan und nahm zusammen mit seinem Vater an der Führung teil. Und dann waren da noch die Knurrhähne, die ihrem Namen alle Ehre machten. Sechs verschiedene Geräusche können sie mit ihren Schwimmblasen produzieren. Mit Stelzen, die wie kleine Füße aussehen, könnte der Knurrhahn schmecken und riechen, erklärte Mertzen. Und die Plattfische im Aquarium bekommen sogar fünf-Sterne-Gerichte serviert. „Wir verfüttern nur gepulte Krabben“, so Mertzen. So würde das Wasser weniger verschmutzt. Trotzdem ist es nötig, von Zeit zu Zeit im Taucheranzug ins große Aquarium zu steigen und dort Hausputz zu machen.